Auf die Haltung kommt es an

Durch den Morbus Bechterew krümmt sich die Wirbelsäule tendenziell nach vorne. Um das zu verhindern, müssen Sie alles unternehmen, um langfristig Ihre aufrechte Haltung zu bewahren. Die regelmäßigen Bewegungsübungen sind dafür wesentlich, aber auch im Alltag gilt es, Haltung zu bewahren. Am Arbeitsplatz, auf Reisen, zu Hause: Achten Sie auf eine aufrechte Körperhaltung und halten Sie Ihren Rücken gerade.

Verhaltensgrundsätze auf einen Blick

Beim Sitzen: Achten Sie auf den Erhalt des Hohlkreuzes und kippen Sie das Becken leicht nach vorne. So  sitzen Sie aufrecht und entlasten den unteren Rücken. Eine feste, ebene Sitzfläche ist besser geeignet als ein weicher niedriger Sessel.

Beim Gehen: Achten Sie darauf, ausreichend große Schritte (wie beim Nordic Walking) zu machen, um die Hüftgelenke streckfähig zu erhalten. Gut sitzende Schuhe mit elastischen Absätzen und biegsamen Sohlen erleichtern ein schmerzfreies Gehen.

Beim Schlafen: Versuchen Sie, vorwiegend in Rückenlage zu schlafen, um eine optimale Streckung des Rückens und der Hüftgelenke zu erreichen. Schlaf mit erhöhtem Oberkörper und großen dicken Kissen, die eine Beugung der Brustwirbelsäule erzwingen, ist nicht zu empfehlen. Achten Sie auf eine gute Qualität der Matratze und des Lattenrosts.

Bei der Arbeit: Versuchen Sie bei der Arbeit zwischen Sitzen, Stehen und Gehen zu wechseln und achten Sie auf eine aufrechte Rückenhaltung. Beachten Sie bei der Berufswahl, dass Berufstätigkeiten, die mit starkem Beugen, Verdrehen, Strecken oder Körpervibrationen verbunden sind, für Morbus-Bechterew-Patienten nicht zu empfehlen sind.

Beim Autofahren: Weiche Autositze halten den Körper in einer starren Position und fördern eine schlaffe und krumme Haltung. Einen Rundrücken können Sie vermeiden, wenn Sie die Rückenlehne gerade stellen und eventuell zusätzlich ein Kissen zwischen Gesäß und Schulterblätter klemmen. Legen Sie bei längeren Fahrten nach Möglichkeit regelmäßige Bewegungspausen ein. 

Verhaltensgrundsätze im Detail

Durch Ihre Sitzhaltung können Sie den Krankheitsverlauf entscheidend beeinflussen, vor allem, wenn Sie beruflich, zu Hause oder im Auto sehr viel sitzen. Da Ihre Wirbelsäule die Tendenz hat, sich nach vorn zu krümmen, sollten Sie stets darauf achten, so gerade und aufrecht zu sitzen wie irgend möglich. Ganz wichtig: Legen Sie  bei langem Sitzen regelmäßige, kurze Bewegungspausen ein, in denen Sie sich strecken und dehnen.

Insbesondere, wenn Sie eine sitzende Tätigkeit ausüben, ist ein individuell passend eingerichteter ergonomischer Arbeitsplatz, vor allem ein ergonomischer Bürostuhl, unablässig.

Achten darauf, dass Sie Sie sich beim Sitzen nicht nach vorn beugen. Eine Vorlagenhalterung, ein Zeichenbrett, eine schräge Tischplatte oder ein verstellbarer Pultaufsatz erleichtert Ihnen das Lesen in aufrechter Haltung und der Nacken verkrampft so weniger. Sorgen Sie bei Kurzsichtigkeit durch eine geeignete Brille dafür, dass Sie in aufrechter Haltung arbeiten können.
Achten Sie beim Sitzen vor allem darauf, dass Sie das Becken nicht nach hinten kippen und dadurch einen krummen Rücken bekommen. Ein Stuhl mit fester ebener Sitzfläche ist nicht nur besser für die Haltung als ein weicher niedriger Sessel, sondern ermöglicht auch ein schmerzfreieres Sitzen. Meiden Sie vor allem stark nach hinten geneigte Sitzflächen. Ein keilförmiges (vorne dünneres) Kissen kann eine Hilfe sein. Setzen Sie sich gegebenenfalls nur auf die Vorderkante des Sitzes, wenn (z. B. im Kino) keine andere Sitzmöglichkeit vorhanden ist.

Jeder Mensch verbringt jeden Tag durchschnittlich sechs bis acht Stunden im Bett. Gerade für Morbus-Bechterew-Patienten ist ein gut stützendes Bett wichtig für die Entlastung der Muskulatur und um Schmerzen beim Liegen vorzubeugen. Das Bettsystem – die Kombination aus Lattenrost, Matratze und Auflage – sollte den Körper so stützen, dass die Wirbelsäule eine gesunde Lage einnimmt. Empfohlen wird eine möglichst feste, gut stützende Matratze, damit ein "Durchhängen" der Wirbelsäule vermieden wird. Viele Patienten haben gute Erfahrungen mit einer 7-Zonen-Visco- Matratze gemacht, wie sie auch in Kliniken und Seniorenheimen zum Einsatz kommen.  

Das Kopfkissen, wenn überhaupt, sollte eher flach sein, so dass der Kopf gerade liegt und nicht in den Nacken kippt. Vermeiden Sie Keilkissen und große Kopfkissen, die bis unter die Schultern reichen und so zur Krümmung der Brustwirbelsäule beitragen. Die geeignete Form des Kopfkissens ändert sich im Verlauf der Krankheit. Manche Patienten benutzen während eines entzündlichen Schubs ein anderes Kissen als zwischen den Schüben. Bewährt hat sich ein Muldenkissen, dessen Mittelteil so niedrig ist, dass der Kopf gerade eben waagrecht liegen kann, und dessen Seitenteile den Kopf in Rückenlage seitlich abstützen und in Seitenlage dafür sorgen, dass die Wirbelsäule gerade bleibt.

Liegen Sie möglichst wenig in der Seitenlage, um der Krümmung des Rückens und der Einschränkung der Hüftgelenk-Streckung entgegenzuwirken. Wenn möglich, sollten Sie jede Nacht einige Zeit auf dem Bauch liegen. Beginnen Sie, wenn nötig, mit einem kleinen Kissen unter der Brust, und steigern Sie die Dauer mit der Zeit. Bei Entzündungen von Gelenken außerhalb der Körperachse ist es wichtig, diese Gelenke nachts in einer funktionsgerechten Haltung zu lagern und evtl. locker zu fixieren. Bei Befall der Hüft-, Knie- oder Sprunggelenke sollten Sie keinesfalls mit überkreuzten Beinen liegen.

Auf den Autositz kommt es bei langen Fahrten ganz besonders an. Nicht jeder Seriensitz ist für die Wirbelsäule eines Patienten mit Morbus Bechterew zuträglich. Bei nach hinten geneigten Autositzen hilft ein vorne dünnerer Sitzkeil. Wenn dies (z. B. in einem Leihwagen) wegen zu geringer Höhe des Innenraums nicht möglich ist, tut's zur Not auch ein Kissen im Kreuz, das das Becken nach vorn drückt. Ein zu niedriger Sitz kann ebenfalls die Wirbelsäule belasten und das schädliche Zurückkippen des Beckens begünstigen. Es ist deshalb zweckmäßig, schon beim Autokauf auf die Sitze und auch auf die notwendige Innenraumhöhe zu achten, damit man den Sitz entsprechend anpassen kann. Wenn man auf spezielles Zubehör angewiesen ist, kann man einen Zuschuss der Sozialversicherung beantragen.

Kopfstützen, die den Kopf bei einem Unfall wirklich auf der Höhe der Ohren abstützen und in der normalen Sitzhaltung nur wenig vom Kopf entfernt sind, sind bei weitgehend versteifter Wirbelsäule unerlässlich. Bei Patienten mit Morbus Bechterew führt ein Unfall besonders leicht zum Schleudertrauma oder gar zu einem Halswirbelbruch mit seinen gefürchteten Folgen. Wenn Sie die Kopfstütze aufpolstern, um den Abstand zum Kopf zu verkleinern, müssen Sie darauf achten, dass das Material so fest ist, dass es durch die großen bei einem Unfall auftretenden Kräfte nicht zu sehr zusammengedrückt wird.

Viele Patienten mit eingeschränkter Wirbelsäulenbeweglichkeit haben Schwierigkeiten, sich nach der Seite oder rückwärts umzusehen. Dem können Sie durch Anbringen geeigneter Spiegel abhelfen. Dabei ist ein großer mäßig gewölbter Spiegel zur Erweiterung des Blickfelds wesentlich besser als mehrere kleine. Bei Kombifahrzeugen oder Kleinbussen mit einer steilen Heckscheibe ist eine Plastiklinse im Rückfenster eine gute Hilfe, um hinter dem Wagen befindliche Hindernisse (Kinder!) und beim Einparken den Abstand zum hinteren Auto im Innenspiegel zu erkennen. Wenn Sie sich in kritischen Situationen vom Beifahrer sagen lassen, ob Sie freie Fahrt haben oder nicht, ist es ganz wichtig, sich auf eine eindeutige Sprachregelung zu einigen. Missverständnisse können fatale Folgen haben.

Mehr zum Thema Autofahren mit Morbus Bechterew erfahren Sie aus Heft 10 der DVMB-Schriftenreihe, das Sie bei der DVMB-Geschäftsstelle bestellen können.

Tragen Sie Kleidung, in denen Sie sich wohl fühlen. Wenn Sie feststellen, dass Ihr Nacken sehr zugempfindlich ist: Tragen Sie einen Rollkragenpullover oder einen Schal. Besorgen Sie sich Schuhe mit dicken elastischen Absätzen, die die Stöße beim Gehen auf hartem Asphalt abfedern, so dass Sie normal große Schritte machen können und keine Schonhaltung zum Abfedern der Stöße mit den Knien einnehmen müssen. Im Sporthandel gibt es Schuhe mit hervorragend federnden Sohlen. Ein orthopädisch ausgerichteter Schuhtechniker kann aber auch jeden konventionellen Schuh mit einem Pufferabsatz versehen und so Patienten mit einer Wirbelsäulenerkrankung das Gehen erleichtern. Auch Ferseneinlagen aus Silikonkautschuk in den Schuhen können die verloren gegangene Elastizität der Wirbelsäule ein wenig ersetzen. 

Achten Sie beim Gehen darauf, nicht zu kleine Schritte zu machen. Die Erhaltung der Hüftgelenkstreckung ist ein wichtiges Ziel für einen Morbus-Bechterew-Patienten. Die Hüftgelenkstreckung lässt sich beim Gehen mit jedem Schritt trainieren.